Ich prokrastiniere gerade ganz schrecklich. Hauptsächlich im Garten. Während ich mit dem Rasenkantenschneider unserem Garten eine neue Frisur verpasse, erinnert mich der Schmerz in meinen Händen daran, dass ich am Schreibtisch eigentlich besser aufgehoben bin.
Hinter mir liegt ein intensives Wochenende mit insgesamt 5,5 Yogastunden, Theorie und Sonnengruß-Üben. Super war’s! Und sonnig! Und ich habe etwas neues für mich entdeckt: Yin-Yoga!
Diesen Stil hatte ich zwar schon mal ausprobiert, aber dank der Ausbildung bin ich nun tiefer in die Thematik eingetaucht. Hier geht alles gaaaaanz langsaaaam. Schöööön schluffig kann man sich in die Dehnung fallen lassen, um einen herum alles vollstopfen mit Kissen und Pölsterchen und einfach nur genießen. Yin-Yoga ist von dem fließenden Vinyasa-Stil auf Masterclass-Niveau entfernt, den ich zurzeit so intensiv lerne, wie Boris Becker von einem Tennis-Comeback.
Das war eine richtig wohltuende Erfahrung und schön entspannend, was wir da angeboten gekriegt haben.
Yin-Yoga steht wie es der Name verrät – für das „Yin“ – die weibliche Energie, die uns zur Ruhe kommen lässt und mit Knochen und Gewebe im Zusammenhang steht. Während Yang dem männlichen Part verschrieben ist, und der Muskulatur. (Ich lass das mal so stehen ohne Griff in die Männer-sind-vom-Mars-Schublade) Yin geht tiefer – schön rein ins Bindegewebe und in die Faszien. Erlaubt ist, was gefällt. Der Rücken darf sich krümmen, die Arme locker runter hängen, der Atem kann sich frei entfalten. Passivität ist angesagt, nicht diese dynamische, fordernde Praxis, den die anderen Yogastile mitbringen.
Und wie macht man das? Im Yin-Yoga gibt es auch Asanas, die wunderbare Namen wie „Seestern“ und „Banane“ haben, in denen man bis zu 5 Minuten verweilt ohne sich weiter zu bewegen. Man muss also gut in sich rein selbst fühlen und ausloten, ob der Oberschenkel nicht noch einen Tacken weiter ran gezogen werden muss und ob ein Kissen unter die Kniekehle soll, ehe man in die Dehnung sinkt. Und das alles wird zum größten Teil im Liegen praktiziert. Herrlich ….
Ich möchte jetzt bitte Auf der Stelle ein Kissen!
Oh man, ich merke gerade, wie ich mich beim Schreiben am liebsten auf den Boden schmeißen möchte und mich ganz in dieses Yin-Gefühl reinfallen lassen mag. … davon treiben von dem Lernstoff, der auf mich wartet. Einfach weg plätschern lassen vom anatomischem Allerlei und Sonnengruß-Optimierungs-Drill. Jetzt wird’s langsam ernst. In zwei Wochen ist die schriftliche Prüfung, bei der wir auch nochmal den Sonnengruß pikobello anleiten und vormachen müssen mit lupenreiner Technik und perfekter Ansage. Sonst: keine Zulassung für die praktische Prüfung Anfang Juli.
Das stresst mich jetzt nicht so. Die Sonne kann ich ganz gut grüßen soweit. Den theoretischen Teil werde ich schon auch irgendwie in mein Hirn kriegen, wenn ich das mit den Rasenkanten mal lasse.
„Atme über die Seite ein, Ausatmen, Hände zum Herzen!“
Wo es bei mir hakt, ist die Praxis. Mir fehlt es an selber durchgeführten Yogastunden und um ehrlich zu sein, drücke ich mich davor auch am liebsten. Ich merke zwar, dass es kein Vergleich zu meinen ersten „Fahrübungen“ am Ausbildungsbeginn ist, aber manchmal entfleucht mir doch ein „Scheiße, das meine ich gar nicht“ mitten da vorne auf meiner Lehrermatte oder ich verheddere mich in Anleitungen, die so gar keinen Sinn ergeben bzw. die, die für mich klar sind, für den Schüler aber nicht. Mein Göttergatte ist da eine große Hilfe, der auch mal mit mir auf die Matte muss und so gar nichts mit Yoga am Hut hat. Aber genau das hilft. Und wenn ich ihm sage „Atme über die Seite ein, Ausatmen, Hände vors Herz“… Dann ist er irritiert, was ich damit meine. Also, präzisere Angaben: „Nimm deine Hände über die Seite überm Kopf zusammen und ziehe sie mit der Ausatmung zum Herzen“.
Im Grunde sind es gerade drei Fremdsprachen, die ich auf einmal lerne: Sanskrit, Anatomisch und Erklärbärisch für Blinde, weil man genau das schaffen muss: die Asanas anleiten, als würde man sie einem Blinden erklären. Und das auch noch im Atemrhythmus.
Ab sofort gibt’s Wohnzimmeryoga
Um mich nicht weiter selber zu betuppen, haben ich deshalb eine Muddi-Gruppe gegründet und biete ab sofort „Wohnzimmeryoga“ an. In unregelmäßigen Abständen gibt es von mir Terminvorschläge und wer kann, kommt. Wenn’s Wetter schön ist, können wir in den Garten gehen. Morgen geht’s los! Die Vorbereitung steht. Anscheinend beschäftigt mich das aber schon, denn ich träume in jeder Nacht davon. Und verkacke! Haha! Und ich frage mich, wo die Möbel und Matten eigentlich hin sollen. Aber gut, das wird sich zeigen. Alles. Zur Not eben mit einem „Scheiße, das meine ich gar nicht!“