Jugendfrei war das nicht, was ich da Dani ins Handy plärrte letzten Samstag. Ich fluchte, was mein dreckiger Wortschatz so herzugeben hatte. Was mich so auf die Palme gebracht hat? Muskulus Dingens und Trizeps LeckmichdochamHintern…. Das Anatomie-Wochenende hatte mich geschafft!
Erstmal war ich froh, dass ich die Horizontale verlassen und teilnehmen konnte. Das Antibiotikum hatte pünktlich 2 Tage vorher angeschlagen und ich spürte die Lebensgeister (offensichtlich! siehe oben) sachte zurück kommen. Kein Vergleich zu den bettlägerigen, toten Wochen davor und dem immer und immer wieder enttäuschtem Gefühl beim Aufwachen, dass ich mich immer noch so malad wie am Tag davor wähnte. Täglich grüßt das rotzende Murmeltier!
Bio ist schon lange her
Nun Anatomie also! Und die komplette Azubi-Gruppe endlich zusammen. Wir sind 10 Frauen mit 10 unterschiedlichen Hintergründen und muskulären Kenntnisständen. Vier von ihnen sind schon fertige Yogalehrerinnen und machen nur ihr Zertifikat, 2 davon sind Physiotherapeutinnen. Wir anderen sind so und so…. ein Küken kommt frisch von der Schule. Für die scheint Bio auch noch nicht so lange her zu sein.
Im Gegensatz zu mir.
Was mir da an Theorie um die noch schlappen Ohren flog, war sauinteressant, machte mich allerdings ganz schön ramdösig im Kopf.
Und so scheiterte ich am Ende des Tages vor versammelter Runde – nach 7 Stunden AufdemBodensitzens – an der korrekten Betitelung, welche Muskeln beim Krieger 2 angespannt und gedehnt werden. Abdominis? Sitzt das im Oberarm? Wo war nochmal der Bizeps?
Ich stampfte auf wie ein trotziges Kind, polterte was von „Ich hab noch nie in meinem Leben irgendwas Medizinisches gemacht“, fuhr mit Wut im Bauch (Ah so, Rectus Abdominis!) und muffeligen Gefühlen nach Hause. Fluchend meckerte ich Dani auf ihr Handy.
Ich war von mir selber überrascht und wälzte Gedanken ob dieser emotionalen Reaktion.
Ich komme zu dem Ergebnis, dass die Yogalehrerausbildung wirklich ein kleiner Selbstfindungstrip ist. Gut, suchen muss ich mich nicht, aber es kommen Eigenschaften bei mir zum Vorschein, die ich lange nicht gesehen habe. Dazu sooo viel Neues und Unbekanntes!
Lateinische Muskelergüsse
Mich hat es frustriert, dass mir das Wissen nicht einfach schnell zufliegt und ich glänzen kann mit lateinischen Muskelergüssen. Mich frustriert es, dass da andere im Raum sitzen, die mehr können als ich und ich voll abkacke. Mir ist bewusst geworden, wie lange das Lernen her ist und dass meine grauen Zellen grauer nicht sein könnten. Dazu kommt das Alter (hört! hört!)… Ohne Witz, es macht einen Unterschied, ob du Anfang 20 bist, noch nicht vom Leben verkorkst oder ob du thirtysomething bist (ok, 37 eben).
Früher hätte ich sicher keinen Gefühlsausbruch hinterfragt, sondern einfach weiter gemacht im Text. Heute bin ich sensibel dafür. Für mich und das, was ich da tue und sage. Und wie ich es sage!
Eine Freundin meinte, als ich ihr von der Ausbildung erzählte: „Das wird voll der Jakobsweg, wart´s mal ab!“
Sie könnte damit Recht damit haben.
Verdammte Hacke!!
PS: Der zweite Tag war übrigens das komplette Gegenteil vom ersten Tag. Ich ging entspannter an die Sache ran und schraubte meine Erwartungen an mich selber herunter, so dass ich mich freute, dass ich tatsächlich einige Muskeln erkannte und benennen konnte. Auch wächst die Gruppe zusammen und die Stimmung ist gut. Meine erste Anleitung vor versammelter Mannschaft hat geklappt und ich bin ruhiger geworden innerlich. Jetzt heißt es Hausaufgaben machen, Latein pauken und Sanskrit. Am nächsten Wochenende schreiben wir die ersten Tests.