Dann bin ich gesprungen! Raus aus der Festanstellung, rein ins große Unbekannte: die Selbstständigkeit! Diese läuft seit drei Monaten – seit einem Quartal. Quartal ist doch auch so hübsches Bürodeutsch, oder? Und ja – auch das ist mir in den letzten Wochen ziemlich oft auf den Tisch geflattert. Eine Bilanz.
Im Grunde hatte ich die Selbstständigkeit schon im vergangenen Jahr parallel zu meinem Brotjob in der Redaktion eingestielt. Ich hatte nach Räumen gesucht, nach Partnern für meine Yogakurse und habe erste Veranstaltungen organisiert. Also konnte ich entspannt in dieses neue Berufsleben starten – als Redakteurin und Yogalehrerin für Kinder und Erwachsene. Den Januar wollte ich ganz lässig beginnen. Hier mal ein Kürschen, da Bürokratenzeugs abhandeln, ein bisschen schreiben und durchschnaufen nach einem turbulenten 2018. Soweit der Plan.
Irgendwie entwickelte diese junge Selbstständigkeit eine merkwürdige Eigendynamik und plötzlich hatte ich mehr Kurse und Angebote an der Backe als ich geplant hatte. Diese Sache mit dem Nein-Sagen! Und diese Sache mit dem eigenen Wert! Wieviel kann ich für eine Stunde nehmen? Soll ich nicht den Kurs am Vormittag machen? Wie will ich heißen? Wie soll die Webseite aussehen? Ich war alleine in meinem Arbeitszimmer. Weit und breit kein Kollege, mit dem ich mich austauschen konnte. Männe und Freunde selber in der Arbeit. Und ich fühlte mich verloren. Was hatte mich nur geritten?!
Ich kriegte erstmal Panik und wurde noch wirrer im Kopf. Nachdem das aber nicht zielführend war, griff ich zum Stift und schrieb mir alles auf, was den Kopf zum Surren brachte. Ich definierte meinen Wert und legte Werte fest. Ich verpasste mir selbst Regeln, zum Beispiel nicht pausenlos Emails zu checken und mal eben eine Anfrage auf dem Smartphone kurz vorm Klavierunterricht der Tochter zu beantworten. Ich kaufte mir einen Kalender und bestimmte Themen der einzelnen Tage. Diese Struktur half mir ungemein, dieses „selbst und ständig“ etwas aufzubrechen. Denn das war anfangs wirklich eine Menge Holz.
Da waren Buchhaltung und Bürokratie: ich beantragte ein Kleingewerbe, besorgte mir eine Berufhaftpflichtversicherung, ließ Visitenkarten und Flyer erstellen, eröffnete ein Konto, kaufte ein Diensthandy, legte Ordner für Stundenbilder, Rechnungen und Quittungen an. Dauernd dachte ich an meine Kurse. Kaufte ich ne Kiste Bionade, sammelte ich die Kronkorken für mein Kinderyoga. Bei Instagram scrollte ich mich fest auf der Ideensuche. Themen flattern überall herum. Ein Notizbuch ist mein ständiger Begleiter.
Unfassbar viel Zeit geht für die Unterrichtsplanung drauf. Mittlerweile habe ich zwar schon viele Stundenbilder erstellt, aber jeder Kurs verdient eine individuelle Behandlung. Meine Förderkinder brauchen zum Beispiel viele Spiele während bei meinen anderen Schulkindern der Schwerpunkt auf Entspannung liegt, da sie schon einen langen Schultag in den Gräten haben.
Ich möchte noch mehr schreiben
Meine Schreiberei hat das Nachsehen. Nur selten schaffe ich es, am Buch zu arbeiten. Für meinen Geschmack könnte das mehr sein und ich weiß noch nicht genau, wie ich das unterkriegen soll. Auch die eigene Yogapraxis kommt viel zu kurz. In den letzten drei Monaten besuchte ich 2 Yogastunden für mich selbst, wovon ich bei einem gedanklich Notizen machte. Stehe ich auf der Matte, probiere ich Sequenzen aus für meine Teilnehmer. Ich vermisse dieses Abschalten und Yogisieren. Deshalb habe ich mich jetzt für einen Yogakurs angemeldet. Da werde ich ohne Notizbuch hingehen! Alleine die Erkenntnis zu erlangen, das dieser Punkt plötzlich in meinem Leben fehlt, war eine Erleichterung.
Das klingt auf die paar Zeilen vielleicht nüchtern. Her mit den Gefühlen, die das Quartal bestimmt haben! Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass ich glücklich bin! Glücklich gesprungen zu sein! Glücklich jede Woche aufs neue kreativ und frei arbeiten zu können und viele Menschen zu erreichen. Mir Gedanken zu machen, wie sie eine gute Zeit erleben können und mich auszuprobieren. Ideen spinnen, Projekte zum Leben erwecken. Ich kann es weiterempfehlen, mal alte Pfade zu verlassen und mit etwas Verrücktheit sich ins große Unbekannte vorzupirschen.
Hausgemacht, ehrlich, handfest und beflügelnd
Und jeder einzelne Cent, den ich verdiene, wiegt so viel mehr, weil es sich so hausgemacht anfühlt. Selbst! Und ständig! Ich liebe es, einfach mal zu machen und Dinge ausprobieren! In den letzten drei Monaten hatte ich so tolle Menschen, die mich nicht mal gut kennen, an meiner Seite, die an mich glauben und mich unterstützen. Das beflügelt mich, den Weg ein bisschen mehr zu fliegen als auf Eiern zu torkeln, wie das noch Anfang Januar der Fall gewesen ist.
Edit: Noch eins hat sich durch die Selbstständigkeit immens geändert. Ab sofort bin ich nicht mehr alleine in meinem Arbeitszimmer. Zwergdackel Erna ist eingezogen – Bürohund, Kollegin und Fußwärmer. Und wenn ich wieder Chaos im Kopf habe, tausche ich mich mit ihr aus….
1 Gedanke zu „Ein Quartal selbst und ständig – So fühlt sich das an“
Alles richtig gemacht !!!!
Schon beim lesen fühle ich dein Glück und deine Freiheit !!!!!
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